Küstenerosion ist ein globales Phänomen. In Europa befindet sich derzeit ein Viertel der Küstenlinien im Rückzug. Was können wir tun, um uns vor den Meereswellen zu schützen? Was ist marine Erosion? Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf dieses Phänomen? All dies sind Fragen, die wir im Folgenden zu beantworten versuchen werden. Entdecken Sie, wie die europäischen Küsten von den Risiken durch marine Erosion und Küstenhochwasser betroffen sind, auf unserer interaktiven Karte.
Die Unterstützung der Europäischen Kommission für die Erstellung dieser Veröffentlichung stellt keine Billigung des Inhalts dar, welcher nur die Ansichten der Verfasser wiedergibt, und die Kommission kann nicht für eine etwaige Verwendung der darin enthaltenen Informationen haftbar gemacht werden.
Was ist Küstenerosion?
Es handelt sich um einen natürlichen Prozess, der durch mehrere Faktoren wie zum Beispiel Wind, Wellen, Strömungen oder Regenwasserabfluss verursacht wird … Dieses Phänomen ist auch von den Gegebenheiten des Geländes abhängig (sandig, felsig …).
Die Küstenerosion führt zu einem Rückzug der Küstenlinie, d. h. zu einer landwärtigen Verschiebung der Grenze zwischen dem maritimen und dem kontinentalen Bereich durch Materialverlust (Sand, Felsen, Sedimente).

Erosion an Sandküsten © Sufrider Foundation Europe
Die Sandküste
Die Sandküste befindet sich bereits von Natur aus in Bewegung. Einerseits bewegt der Wind den Sand landeinwärts, andererseits tragen Wellen und Strömungen den Sand von der Küste ab.
Ohne menschliches Einwirken hält sich die Sedimentbewegung in etwa im Gleichgewicht. Im Winter transportieren Wellen den Sand vom Fuß der Dünen in das tiefe Wasser vor der Küste. Dieses steigt dann während ruhiger Phasen unter der Einwirkung von Seegang und Gezeiten an.
Einige Gebiete profitieren von einer mehr oder weniger regelmäßigen Zufuhr von Sedimenten, die es ermöglicht, den durch Erosion verloren gegangenen Bestand an Sand wieder aufzufüllen. Andere Gebiete schrumpfen aufgrund von unzureichender Zufuhr.
Meist sind es Nebenströmungen, die den Sand abtragen. Dies bezeichnet man als Strandversetzung. An der Atlantikküste fließen Seitenströmungen von Nord nach Süd und bewegen so den Sand in diese Richtung.
Das natürliche Gefälle der Strände beeinflusst auch den Widerstand gegen die Welleneinwirkung. Je steiler der Boden, desto größer die Erosion. Je sanfter die Steigung, desto mehr wird die Wellenenergie gedämpft und das Phänomen der Erosion verlangsamt.

Erosion an felsküsten © Surfrider Foundation Europe
Die Felsküste
Der Erosionsprozess verläuft an einer Felsküste wesentlich langsamer als an einer Sandküste. Die Erosionsgeschwindigkeit hängt hauptsächlich von der Art des Gesteins ab. Eine Granitklippe ist zum Beispiel viel widerstandsfähiger als eine Kalksteinklippe, die in kurzer Zeit um mehrere Meter abgetragen werden kann.
Dabei spielt der Niederschlagabfluss eine wichtige Rolle. Das Eindringen von Regenwasser, was durch Pflanzenwurzeln und Frost erleichtert wird, begünstigt das Entstehen von Rissen, die das Gestein schwächen. Gleichzeitig haben Wellen, die auf den Fuß der Klippe treffen, auch eine mechanische Wirkung und graben sich in den Fels ein, was dazu führen kann, dass ganze Abschnitte der Klippe einstürzen. Dieses doppelte Phänomen hat tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Küsten und führt dazu, dass sich unser Land allmählich zurückzieht.
Wussten Sie schon?

Was ist Küstenhochwasser?
Küstenhochwasser ist die vorübergehende oder ständige Überflutung eines Küstengebiets durch das Meer. Küstenhochwasser durch Stürme oder Hurrikane kann in einigen Fällen zur Zerstörung von Schutzstrukturen wie Deichen oder Dünen führen. Dieses Phänomen ist aufgrund der Schnelligkeit und Intensität besonders beeindruckend. Es betrifft hauptsächlich Küstengebiete in der Nähe von Flussmündungen.

Überschwemmtes Gebiet an einer Flussmündung © Surfrider Foundation Europe
Wann sprechen wir von einem „Risiko“?
Wir sprechen nur dann von einem „ Risiko“, wenn ein menschliches, wirtschaftliches oder ökologisches Element potenziell einer Gefahr, die durch ein plötzliches Ereignis entsteht (Sturm o.ä), in diesem Fall der Erosionsgefahr, ausgesetzt ist. Beispielsweise besteht für Wohnhäuser, die sich in der Nähe einer natürlichen Bedrohung befinden (z.B. nahe einer Flussmündung), ein Risiko.

Wenn plötzliche Ereignisse auf gefährdete Elemente treffen, besteht ein Verlustrisiko © Surfrider Foundation Europe
Der Einfluss des Klimawandels
Eine der bedeutendsten Folgen des Klimawandels ist das Abschmelzen des Landeises und die Erwärmung der Gewässer (ein Anstieg der Wassertemperatur führt zu einer Zunahme des Wasservolumens). Dieses Phänomen führt dazu, dass der Meeresspiegel steigt. Momentan geht der IPCC (Weltklimarat) von einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 80 cm und 1,10 m bis 2100 aus.
Dies wird dazu führen, dass die obere Einflussgrenze der Gezeiten an Küstenlinien, insbesondere in Flussmündungen, ansteigt. Bei Flut oder starkem Seegang werden die Wellen deshalb umso stärker auf die Küste einwirken und zu einer Verstärkung der Erosions- und Hochwasserprozesse führen.

Der Wasseranstieg von heute bis 2100 © Surfrider Foundation Europe
Darüber hinaus wird erwartet, dass auch die Häufigkeit und Intensität von extremen Naturereignissen (Stürme und Hurrikane) auf dem Atlantik zunehmen werden. Diese Vorgänge sind eine der Hauptursachen für beschleunigte Erosion und Hochwasser an den Flussmündungen der Atlantikküste.
Wie kann man sich davor schützen?
Da die Erosion unvermeidlich ist, hat der Mensch keine andere Wahl, als sich anzupassen. Der Einfluss des steigenden Wasserspiegels muss auch bei der Vorhersage von Erosions- und Hochwasser-Risiken berücksichtigt werden, um eine geeignete langfristige Strategie wählen zu können.
Die 4 Strategien des Küstenrisikomanagements
Um den Risiken von Erosion und Hochwasser zu begegnen, lassen sich die Strategien für die Küstenbewirtschaftung in vier Kategorien einteilen.
1/ Aktives Vorgehen
Hier geht es darum, Strukturen wie Deiche oder Barrieren aus Felsen zu schaffen, um den Rückgang des Landes durch den Einfluss des Meeres zu verhindern.
2/ Anpassung an oder Förderung von natürlichen Prozessen
Dabei werden die natürlichen Prozesse unterstützt, die das Phänomen der Erosion verlangsamen. Zum Beispiel können in einer sandigen Umgebung hölzerne Barrieren (Staketenzäune) aufgebaut werden, um die Abtragung des Sandes zu verhindern.
3/ Verlagerung oder strategischer Rückzug
Die Verlagerung oder der strategische Rückzug sind der letzte Ausweg angesichts des steigenden Meeres. Dabei werden Güter oder Dienstleistungen ins Landesinnere verlagert.
4/ Passive Überwachung
Die Überwachung einer Küstenzone ermöglicht es, die Entwicklung der Küstenlinie regelmäßig zu beurteilen. Diese Strategie ist natürlich zeitlich begrenzt und muss zusammen mit einer Managementstrategie angewendet werden.
Diese Strategien werden von den verwaltenden Gemeinden entsprechend dem gesetzlichen Kontext, den Entwicklungszielen und den zu schützenden gefährdeten Elemente umgesetzt. Diese gefährdeten Elemente können menschlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder ökologischer Natur sein.
Glossar
Küstenlinie: die Grenze zwischen Land und Meer. Manchmal kann sie schwierig zu bestimmen sein, wie zum Beispiel bei einer sich ständig bewegenden Sandküste. Wir definieren sie wie folgt: Sandküste = Grenze des Dünenfußes, Felsküste = Grenze der Steilküste.
Sedimente: im Wasser schwebende Partikel, die sich durch Schwerkraft abgelagert haben.
Gefahr: ein unvorhersehbares Naturphänomen mit einer bestimmten Intensität und Eintrittswahrscheinlichkeit.
IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, Weltklimarat): Organisation der Vereinten Nationen, die unter anderem für die Überwachung des Klimawandels zuständig ist.